Grusswort anlässlich der Abendveranstaltung des Alliiertenmuseums „Berlin grüßt die Veteranen der Berliner Luftbrücke“

In Berlin veranstaltet das AlliiertenMuseum zur Erinnerung an den 60. Jahrestag des Beginns der Berliner Luftbrucke in der Zeit vom 26. bis 28. Juni 2008 eine Reihe von Veranstaltungen. In diesem Zusammenhang wird am 27. Juni auch der Tag der Veteranen gefeiert. Piloten der berühmten “Rosinenbomber” aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich werden am Freitag um 19.30 Uhr im “Airbase I” im Hauptgebaude des Flughafens Tempelhof im Rahmen einer festlichen Veranstaltung geehrt. Das Motto des Abends ist “Berlin grüßt die Veteranen der Berliner Luftbrucke”.

Die Vizeprasidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin, Karin Seidel-Kalmutzki, besucht im Namen des Abgeordnetenhaus diese Veranstaltung und halt ein Grußwort.

Nachmittags werden die Veteranen von dem Regierenden Burgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, empfangen und tragen sich im Berliner Rathaus in das Gastebuch von Berlin ein.

Begleitet werden sie von dem Direktor des AlliiertenMuseums Berlin und Dick Kramer, Maler des Bildes “Luftbrücke”, das zur Zeit im Flughafen Tempelhof zu sehen ist. Dieses Luftbrücken-Gemälde hat Parlamentsprasident Walter Momper im Namen des Abgeordnetenhauses dem AlliiertenMuseum als Dauerleihgabe übergeben.

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Botschafter Timpken,
sehr geehrter Herr Botschafter Bouhlal,
sehr geehrte Mitglieder des Deutschen Bundestages,
sehr geehrte Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin,
sehr geehrte Frau Merkel-Bergreen,
sehr geehrter Herr Dr. Trotnow,
sehr geehrter Herr General Lichte,
sehr geehrter Herr General Brady,
sehr geehrter Herr General Stieglitz,
sehr geehrter Herr Ernesti,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich begrüße Sie – zugleich auch im Namen der Stadt Berlin und des Abgeordnetenhauses von Berlin – hier im Gebäude des Flughafens Tempelhof, wo alles vor genau 60 Jahren begann.

Viele Gäste aus nah und fern sind in diesen Tagen zu uns nach Berlin gekommen.

Vor allem möchte ich aber unsere heutigen Ehrengäste, die Veteranen der Luftbrücke, in unserer Stadt willkommen heißen. Ohne Sie und ihre Kameraden würden wir heute sicher nicht diesen festlichen Abend begehen können.

Meine Damen und Herren,

in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni 1948 unterbrachen die sowjetischen Militärbehörden die Stromversorgung West-Berlins.

Wenige Stunden später, am Morgen des 24. Juni 1948 wurden alle Verbindungen zu Lande und zu Wasser zwischen den westlichen Besatzungs-zonen und Berlin unterbrochen. Über 2 Millionen Menschen waren über Nacht zu Geiseln des ersten großen Konflikts im Kalten Krieg geworden. Viele Berlinerinnen und Berliner wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass eine gefährliche internationale Krise begonnen hatte, in deren Mittelpunkt sie selbst und ihre Stadt stehen sollten. Dies alles geschah nur drei Jahre nach Ende des Krieges in Europa, der von Deutschland ausging und der so viel Tod, Schrecken und Elend über die Völker gebracht hatte.

Die Verantwortlichen der westlichen Alliierten hier in Berlin und die Entscheidungsträger in Washington, London und Paris standen vor der Frage, wie auf diese Blockade einer Millionen-stadt reagiert werden sollte.

Nach kurzer Zeit entschied man sich, der Bedrohung durch die Sowjets nicht zu weichen und die Menschen im westlichen Teil der Stadt mit einer Luftbrücke zu versorgen.

Wir alle wissen heute, dass ohne die mutige Entscheidung für eine Versorgung Berlins aus der Luft, die Stadt in kürzester Zeit dem sowjetischen Herrschaftsbereich einverleibt worden wäre und das totalitäre System der Unfreiheit und Unterdrückung über Freiheit und Menschenrechte gesiegt hätte.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Rolle des unvergessenen Berliner Oberbürgermeisters Ernst Reuter hinweisen, der den Freiheitswillen der Berliner bei öffentlichen Auftritten aber auch in den Gesprächen mit den Vertretern der Westalliierten deutlich zum Ausdruck brachte.

Als Reuter am 25. Juni 1948 bei einem Gespräch von General Lucius D. Clay gefragt wurde, ob die Berliner „alle Prüfungen bestehen und zu den Alliierten stehen würden“, antwortete Reuter ohne zu zögern, „ Herr General, es kann überhaupt keine Frage sein, wo die Berliner stehen; die Berliner werden für die Freiheit eintreten und werden jede Hilfe, die ihnen geboten wird, dankbar annehmen.“

Am folgenden Tag flog die erste US-Maschine der Luftbrücke im Rahmen der „Operation Vittles“ zum Flughafen Tempelhof.

Zwei Tage später erfolgte der erste Flug der britischen Luftwaffe im Rahmen der „Operation Plainfare“.

In den folgenden 11 Monaten entwickelte sich, mit ständiger Steigerung der Flugbewegungen und Tonnagezahlen und unter hohem persönlichen Einsatz der Piloten, des Bodenpersonals und der vielen Berliner, die das Entladen der Maschinen übernahmen, das größte Hilfsunternehmen, das aus der Luft erfolgte.

An diesem Unternehmen, dem „Berlin Airlift“, nahmen im Verlauf auch Piloten aus Australien, Neuseeland, Kanada und Südafrika teil.

Mit Hilfe der französichen Miltitärbehörden wurde die Luftbrücke nachhaltig unterstützt und der Bau des neuen Flughafens in Berlin-Tegel ermöglicht.

In der Zeit vom 26. Juni 1948 bis zum Ende der

Luftbrücke am 30. September 1949 wurden bei über 277.000 Flügen nach Tempelhof, Gatow, Tegel und auf Berliner Gewässern rund 2,34 Millionen Tonnen Fracht mit Lebensmitteln, Kohle, Baumaterial und andere wichtige Güter in die eingeschlossene Stadt eingeflogen.

Die Piloten und alle, die an der Luftbrücke beteiligt waren, retteten mit ihrem Einsatz über zwei Millionen Berlinerinnen und Berliner vor dem Verhungern und Erfrieren. Jeder einzelne Flug rettete Leben, das Recht und die Freiheit dieser Stadt.

Deshalb ist es für mich eine Ehre und eine freudige Pflicht, Ihnen, den Veteranen der Luftbrücke, stellvertretend für alle Luftbrücken-piloten für Ihren Einsatz von ganzem Herzen Dank zu sagen. Die Berlinerinnen und Berliner werden Ihnen das nie vergessen.

Und wir verneigen uns vor den 41 britischen, 31 amerikanischen Piloten und den 6 Deutschen, die bei Unfällen und Abstürzen ihr Leben verloren.

Am Luftbrückendenkmal vor diesem Gebäude erinnert die Inschrift an die, die Ihr Leben für die Freiheit Berlins gaben. Wir werden ihr Andenken immer in Ehren bewahren.

Meine Damen und Herren,

mit der Luftbrücke wurde der Grundstein für die tiefe Verbundenheit der Berlinerinnen und Berliner zu den USA, Groß-Britannien und Frankreich gelegt. Aus den Besatzungsmächten wurden Schutzmächte. Aus ehemaligen Feinden wurden Freunde.

Und Dank der Idee des Piloten Gail Halvorsen, an kleinen Fallschirmen Schokolade, Kaugummis und andere Süßigkeiten beim Anflug auf Berlin für die Berliner Kinder abzuwerfen, wurden die Maschinen der Luftbrücke von den Berlinern fortan liebevoll „Rosinenbomber“ genannt. Ein Begriff der einen unauslöschlichen Platz in der Geschichte Berlins einnimmt.

Auch in den folgenden Jahrzehnten, bei den weiteren Berlin-Krisen und in den Jahren der Entspannungspolitik bis zur Deutschen Einheit 1990 blieben die Westmächte stets standhaft und leisteten Ihren Beitrag zur Bewahrung der Freiheit im westlichen Teil der Stadt.

An zahlreichen Stellen der Stadt wird heute an die historischen Leistungen der Westalliierten erinnert. Namen wie Lucius D. Clay, William H. Tunner, G.K. Bourne und Jean Ganeval sind untrennbar mit der Geschichte Berlins verbunden.

Die Freiheitsglocke, ein Geschenk des amerikanischen Volkes, läutet seit 1950 jeden Tag um 12.00 Uhr im Turm des Rathauses Schöneberg, der Platz vor diesem geschichträchtigen Rathaus trägt den Namen des US-Präsidenten John F. Kennedy, dessen berühmte Berliner Rede sich gestern zum

45. Male jährte.

Schon seit vielen Jahren trägt die große Allee in Zehlendorf, an der auch das Alliiertenmuseum liegt, den Namen von Lucius D. Clay, dem Vater der Luftbrücke. Im Jahre 1962 verliehen Abgeordnetenhaus und Senat von Berlin diesem großen Sohn der Stadt Marietta in Georgia die Würde eines Ehrenbürgers von Berlin. Das Portraitgemälde von ihm hat einen festen Platz in der Galerie der Berliner Ehrenbürger in unserem Parlamentsgebäude.

In einer Erklärung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses zu Beginn der gestrigen Plenarsitzung des Berliner Parlaments wurde an den Beginn der Luftbrücke vor 60 Jahren erinnert.

Das Abgeordnetenhaus machte deutlich, dass die Luftbrücke zu einem Freiheitssymbol geworden ist und gleichzeitig eine Verpflichtung ist, seinen Beitrag zu leisten, Freiheit und demokratische Errungenschaften lebendig zu erhalten und sich für die Achtung der Menschenwürde überall einzusetzen.

Meine Damen und Herren,

der Blick auf das Vergangene ändert sich im Laufe der Jahre, er ändert sich im Zuge neuer Entwicklungen, er ändert sich mit der Abfolge der Generationen.

Jede Generation betrachtet die Geschichte neu und jede Generation stellt ihre eigenen Fragen.

Deshalb ist auch die Arbeit des Alliiertenmuseums so wichtig, um an die damaligen Ereignisse der Blockade und der Luftbrücke sowie an die langjährige alliierte Präsenz zu erinnern und der jungen Generation zu vermitteln.

Ich möchte den Verantwortlichen des Alliierten-museums und allen, die zum Gelingen dieses heutigen Abends mit den Veteranen beigetragen haben, sehr herzlich danken.

Ich danke Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Trotnow, für die Restaurierung des „Luftbrückengemäldes“ von Dick Kramer und wünsche der heute eröffneten Ausstellung „Making of … – Die Männer und Frauen der Berliner Luftbrücke 1948/49“ viele interessierte Besucherinnen und Besucher.

Meine Damen und Herren,

die Inschrift der Freiheitsglocke, die aus der „Declaration of Freedom“ stammt und das Gefühl der Berlinerinnen und Berliner so zutreffend nach der überstandenen Blockade zum Ausdruck brachte, hat von ihrer Aktualität nichts verloren:

„That this world under God shall have an new birth of freedom.“

Möge sie auch weiterhin Richtschnur sein für das gemeinsame Handeln unserer Nationen.

Ich danke Ihnen allen, dass Sie gekommen sind und ich freue mich auf einen ereignisreichen und schönen Abend mit guten Freunden.

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